Panama Teil II Der Pazifik ruft

Ahoi Dings und Bums, der absolute Pazifikwahn, die Kanaldurchfahrt und wie es tatsächlich los geht.

Land

Panama

Datum

Sonntag, 18. Mai 2025

Geo

Latitude 8.57553° N
Longitude 79.02262° W

Der Panamakanal. Er verbindet den Atlantik mit dem Pazifik und bildet somit eines der wichtigsten Glieder in der weltweiten Schifffahrt. Dabei spielen kleine Segelboote wie wir nur eine unbedeutende Rolle. 24h ist der Kanal in betrieb, 30-40 Schiffe passieren ihn pro Tag. Und wir waren Mitten drin.


Die letzten Vorbereitungen

Bevor wir in den Pazifik rüberhuschen und die grosse Reise nach Polynesien antreten, kommen ein paar anstrengende Wochen auf uns zu. Die letzten Vorbereitungen am Schiff müssen erledigt werden, und wir müssen jede Ecke des Schiffs mit Proviant vollstopfen. Wir planen, mehr als ein Jahr in Französisch Polynesien rumzuhängen, und dort ist die Auswahl begrenzt und die Preise sind hoch…

Neuen Solarladeregler für die Batterien einbauen, alle Winschen reinigen und neu fetten, den Autopilot-Bolzen austauschen, den Wassermacher reparieren, Öl- und Dieselfilter des Motors wechseln, Ersatzteile aufstocken, neue Toiletten einbauen, die kaputte Reelingstütze reparieren, zwei Fittings am Heckträger verschweissen, Mast und Rigg prüfen und neu einstellen, alle Bordsysteme überprüfen und testen, im Innern des Schiffes alles am rumrutschen hindern, alle Dieselkanister auffüllen, die Ankerkette neu markieren, und einmal gründlich Frühlingsputz machen.

Unsere beiden Crewmitglieder, Dings und Bums, sind inzwischen auch auf der Cervino angekommen. Dings aka David und Bums aka Dan kennen wir bereits seit Gibraltar. David war sogar bereits einen Monat bei und an Bord, von Martinique nach Grenada vergangenen Sommer. Die beiden hitchhiken mit ihrem Rucksack um die Welt und werden uns die nächsten Monate begleiten und unterstützen. Gemeinsam erledigen wir auch den Grosseinkauf, der seinen Namen verdient hat… 7h verbringen wir im Einkaufsladen, 12 volle Wagen sind das Resultat. Diese lassen wir uns am nächsten Tag vor das Schiff liefern, und verbringen den ganzen Tag mit verstauen der Ware. Und das war jetzt nur der lang haltbare Stock, frische Sachen holen wir erst kurz vor der Abreise…

Prüfen des Riggs in der Shelter Bay Marina.
Prüfen des Riggs in der Shelter Bay Marina.
Frühlingsputz ist wichtig!
Frühlingsputz ist wichtig!
Ein Geburtstagsmogli gab es auch noch.
Ein Geburtstagsmogli gab es auch noch.
Abendliche Skatetouren durch die Dschungelstrasse waren schön.
Abendliche Skatetouren durch die Dschungelstrasse waren schön.
So sieht provisionieren aus!
So sieht provisionieren aus!
Ein voller Tag im Laden, ein voller Tag verstauen.
Ein voller Tag im Laden, ein voller Tag verstauen.

Nun ist es soweit, am Nachmittag des 04. Mai finden wir uns in den Gewässern vor dem Panamakanal ein. Zusammen mit zwei anderen Segelbooten, Sommerwind und L‘Egaloupio warten wir hier auf Anweisungen. Nach etwa einer Stunde kommt ein Pilotboat und lädt auf jedem unserer Schiffe einen „Advisor“ ab. Dieser wird uns für die kommende erste Etappe de Kanals anweisen. Mit an Bord haben wir noch Hugo, einen Freund aus Mexico, der in der City lebt. Wir haben uns am Karneval kennengelernt und da den Kanal zu durchfahren sein Traum ist und wir noch eine Person brauchen, stehen er heute bei uns an Deck. Die Vorschriften sagen nämlich, die Besatzung für ein Boot unserer Grösse (sogenannte „Handlines“) muss aus 5 Leuten bestehen: Der Captain und vier „Linehandler“, die in den Schleusen die Leinen bedienen.

Der Panamakanal ist eine der wichtigsten Wasserstraßen der Welt. Er verbindet den Atlantik (bzw. das Karibische Meer) mit dem Pazifik – und spart Schiffen damit tausende Kilometer Umweg rund um Südamerika. Statt um das gefährliche Kap Hoorn zu schippern, dauert die Durchfahrt durch den Kanal nur etwa 8–10 Stunden, wenn man es eilig hat.

Der Kanal wurde 1914 eröffnet, nach einer extrem aufwendigen Bauphase, bei der viele Arbeiter unter harten Bedingungen arbeiteten und tausende ums Leben kamen – unter anderem wegen Krankheiten wie Malaria.

Die Schleusen heben die Schiffe auf rund 24 Meter Höhe, über den künstlich angelegten Gatún-See, und dann wieder runter auf Meeresniveau. Seit 2016 gibt es auch größere Schleusen (den sogenannten "Panama-Kanal-Erweiterungsbau"), durch die auch riesige Containerschiffe – sogenannte Neo-Panamax-Schiffe – passen.

Täglich fahren etwa 30 bis 40 Schiffe durch den Kanal, und Panama verdient damit ordentlich Geld. Doch der Kanal ist auch abhängig vom Süßwasser – was in trockenen Jahren wie zuletzt zu Problemen führt, denn jeder Schleusenvorgang braucht Millionen Liter davon.

Kurz gesagt: Der Panamakanal ist ein echtes Meisterwerk der Ingenieurskunst – und ein Nadelöhr für den Welthandel.

Zum Sonnenuntergang fahren wir in den Kanal ein. Die ersten drei Schleusen werden uns rund 24m nach oben, auf die Höhe des Gatun-Sees befördern. Wir binden uns mit den anderen zwei Segelbooten zu einem grossen Floss zusammen und bekommen jeweils zwei Leinen von der linken und rechten Kanalwand zugeworfen. Vier Männer laufen hier im Schritttempo mit, bis wir unseren Platz hinter einem
grossen Frachtschiff einnehmen. Das Tor der Schleuse geht zu, und dann geht‘s ab wie Schmid‘s Katze! Die Oberfläche des Beckens beginnt zu beben, denn ca. 191 Millionen Liter Wasser strömen in 8-10 Minuten in die Schleuse hinein. Wir müssen flink die Leinen nachziehen, damit wir nicht in die Kanalmauern gedrückt werden. Das Ganze wiederholt sich noch zweimal, bis wir gegen 22:00 Uhr an einer Tonne im Gatunsee festmachen. Hier werden wir die Nacht verbringen und morgen früh geht es weiter.  Wir essen noch etwas, der Advisor wird abgeholt und dann fallen wir erschöpft in unsere Kojen.

Die letzten Sonnenstrahlen über dem Atlantik...
Die letzten Sonnenstrahlen über dem Atlantik...
Neben solchen Big Boys fahren wir in Richtung Schleusen.
Neben solchen Big Boys fahren wir in Richtung Schleusen.
Die erste Schleuse geht hinter uns zu...
Die erste Schleuse geht hinter uns zu...

Am nächsten Morgen um 07:30 Uhr wird der Advisor für den zweiten Tag bei uns abgeliefert. Der ist aber bei weitem nicht so freundlich und hilfreich wie der erste, wie wir leider im Verlaufe des Tages feststellen müssen. Wir fahren den ganzen Tag mit dem Motor über den Gatunsee, kassieren noch eine fette Welle eines Frachtschiffes durch unsere offenen Deckluken (völlig unnötig) und fahren dann gegen 15:00 Uhr in die erste Schleuse ein. Das Prozedere ist genau gleich wie am Vortag: Im Päckchen mit den anderen zwei Segelbooten nehmen wir unseren Platz in der Schleuse ein, diesmal vor einem grossen Frachter. Der Weg in der Schleuse hinunter ist bedeutend entspannter als hinauf, und wir können sogar ein Bisschen geniessen! Die zweite Schleuse ist die Miraflores-Schleuse mit dem Besuchercenter. Genau hier stand ich vor knapp drei Monaten mit meinen Eltern auf der Tribüne. 

Guten Morgen vom Gatun See.
Guten Morgen vom Gatun See.
Noch so ein Big Boy...
Noch so ein Big Boy...
Screenshot aus der Webcam des Besuchercenters Miraflores.
Screenshot aus der Webcam des Besuchercenters Miraflores.
Die Kanal Crew!
Die Kanal Crew!

Nachdem wir auch die dritte Schleuse passiert haben, geht um etwa 17:00 Uhr das letzte Tor auf, und wir fahren in den Pazifik ein. Genau heute vor 3 Jahren, am 05. Mai 2022 haben wir in Castellammare di Stabia die Leinen gelöst und sind ins Abenteuer gestartet. Und nun sind wir im Pazifik. Was für ein Moment, ein Grund zu feiern.

Drei Jahre auf den Tag, seit wir in Italien losgefahren sind.
Drei Jahre auf den Tag, seit wir in Italien losgefahren sind.

Bereit zum Abflug!

Wir liegen noch etwa eine Woche in Las Brisas, unweit von Panama City vor Anker. Die letzten Einkäufe sind getan (da kam nochmal EINIGES zusammen), das Boot ist ready und wir gönnen uns einen letzten Abend in der City mit Drinks in unserer Lieblings-Rooftop-Bar und leckerem Essen im Fischmarkt. Zum Sonnenaufgang des 13. Mai lichten wir den Anker und fahren Richtung Süden in die Inselgruppe „Las Perlas“. Hier treffen wir auch drei andere Boote wieder, Libby, Pangea und Seven. Gemeinsam warten wir auf den Richtigen Moment, die Überquerung zu starten. Das ist aber gar nicht so einfach, denn die Regenzeit in Panama hat begonnen und es zieht eine Gewitterfront nach der anderen über den Golf von Panama. Und Leute, das sind keine Schulbubengewitter vom Zürisee, das sind ausgewachsene, kräftige und weitläufige Zellen mit unglaublich vielen Blitzen und einem Donner, bei dem es einem kalt den Rücken hinabläuft. Drei uns bekannte Segelboote (darunter Seven und L‘Egaloupio) wurden in der Region Panama von indirektem Blitzschlag getroffen und hatten Schäden an ihrer Bordelektrik zu verzeichnen. Die Navigationsgeräte mögen die hohe Spannung nicht besonders. Entsprechend unheiss sind wir darauf, da rein zu fahren und es ist ein ziemliches Kopfzerbrechen über starten oder nicht starten. Schlussendlich treffen alle Boote unabhängig voneinander dieselbe Entscheidung, noch ein paar Tage abzuwarten. In der Zwischenzeit haben es auch Christian & Andrea von Tarpan bis zu uns geschafft. Wir fahren unsere Körper und Köpfe von dem Stress der letzten zwei Monate runter, spielen Volleyball am Strand, schneiden uns noch die Haare und am Mittag des 18. Mai ist es soweit. Anker hoch, Pazifik, wir besegeln dich jetzt!

Ein letzter Haarschnitt für den Captain.
Ein letzter Haarschnitt für den Captain.
Die Pazifik-Flotilla. Wo ist Cervino?
Die Pazifik-Flotilla. Wo ist Cervino?
Unser tägliches Kino in Panama.
Unser tägliches Kino in Panama.
Cervino Crew im Volleyball-Fieber!
Cervino Crew im Volleyball-Fieber!
Der letzte Sonnenuntergang vor unserer Abfahrt. Ist das ein Zeichen?
Der letzte Sonnenuntergang vor unserer Abfahrt. Ist das ein Zeichen?

Die Wettervorhersage ist eher schlecht als recht, Wind ist nicht wirklich da aber immerhin ist das Gewitterrisiko deutlich kleiner als noch vor ein paar Tagen. Wir stellen uns aber auf etwa 400sm mit Motorunterstützung ein, bis wir die Passatwinde nördlich von Galapagos erreichen sollten. Plusminus 4000sm liegen zwischen uns und den Marquesas, Französisch Polynesien. Wir rechnen mit etwa 5 Wochen auf See. 

Na dann ihr Landratten, es ist soweit, wir machen das jetzt, wir segeln über den Pazifik.

Welche Ungeheuer der Tiefsee wir an Bord der Cervino ziehen, warum wir 7h rückwärts driften, und was sonst so alles abgeht auf dem Pazifik?

Kommt mit auf die Reise...

 
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