Atlantiküberquerung Tag 11 - 17
Gewitter, Wellen, Wale und ein riesen Barracuda.
In einem kleinen Tagebuch halten wir unsere täglichen Impressionen der Überfahrt fest, sowie die innerhalb der letzten 24h zurückgelegte Strecke. Diese haben wir jeweils von 16:00 Uhr bis 16:00 Uhr gemessen. Komm mit auf unser Abenteuer!
Tag 11
Guten Morgen nach einer schütteligen, aber schnellen Nacht! Ich liebe die Nachtschicht momentan, da wir Leermond haben und wunderschöne Sterne sehen. Habe mir eine App geladen, die Sternbilder identifiziert. So kann ich jede Nacht die Bilder suchen, die ich kenne, und neue entdecken! Mega spannend 😊
Heute ist ein guter Tag! 😊 Wir fischen zwar leider wieder nur Seegras statt Tuna... Bei Thierry ist alles wieder so normal wie es sein kann 😉 Er bastelt einen neuen Soft Shackle aus Dyneema, und ich bastle ihm einen kleinen Dread 😆 Ich spiele ja schon lange mit dem Gedanken, einen Teil meiner Haare zu dreaden. Könnte vielleicht in der Karibik passieren...
Ich habe einen mega verspannten Rücken und meine rechter Arm fühlt sich oft etwas taub an. Das ist voll uncool, der Bewegungsmangel tut mir nicht gut. Aber mit den Bootsbewegungen ist es auch nicht einfach, vernünftig zu dehnen 🤣 Abends trage ich, wie jeden Abend, unsere Position auf der Karte ein. Wulfi Backt Bananenbrot, Thierry kocht Gemüsecurry und so gehen wir in eine nächste, dunkle Nacht.
Etmal: 144sm
Tag 12
Der Tag startet mit einem roten Himmel. Das sieht zwar schön aus, aber verheisst nichts gutes. Ich hole Thierry aus den Federn, denn es sieht aus als kommen heute ein paar Squalls (Gewitterzellen) auf uns zu. Und so ist es auch. Ganz nach dem Motto: "Red sky at night, sailors delight. Red sky in the morning, sailors warning.". Es bleibt den ganzen Tag gewitterhaft, wir haben Wind bis 30kn. Alles geht gut, aber die Wellen werden spürbar höher. Heute essen wir sogar drinnen, weil es regnet. Coolerweise haben wir es geschafft, auf dem Plotter drinnen die Windstärke, Windrichtung und Kurs über Grund anzuzeigen. So können wir drinnen chillen, mit dem Radar Gewitterzellen tracken und den Autopilot steuern lassen.
Da ich Gewitter nicht mag, geht es mir heute nicht so gut. Ich muss mich erst an die Wellen und den starken Wind gewöhnen, denn es sieht so aus, als bleibt das jetzt so, bis wir ankommen. Durch den ganzen Trubel vergessen wir auch das tägliche Crew Foto. Janu, das holen wir irgendwann nach. So starten wir in eine turbulente Nacht.
Etmal: 136sm
Tag 13
Die Nacht ist sürmisch und ich möchte meine Wache nicht alleine halten. Wulfi, der die Schicht vor mir hat, bleibt noch eine Weile bei mir und wir spielen Yatzee. Wir nehmen das Vorsegel komplett ein und fahren jetzt nur mit gerefftem Gross. Nach etwa einer Stunde ist der Wind bei konstanten 20-25kn, das kann ich handeln. Wulfi geht pennen und ich setze mich draussen hin. Meine Schicht ist mittlerweile von 23:00 Uhr bis 01:00 Uhr. Immerhin kommt der Mond langsam wieder, und wir sehen die Wellen zumindest kommen.
Der Tag geht weiter mit 15-30kn Wind und hohen, steilen Wellen. Zu Mittag gibt es Pfannenbrot mit Kichererbsensalat. Ein Fisch beisst an, aber ist auch gleich wieder weg. Mega schade! Thierry hat mit ein paar Blocks und zwei Seilen den Bullenstander (eine Vorrichtung zum festbinden des Grossbaumes, damit er niemanden erschlägt) hinten auf die Klampen gezogen. Das ist mega cool, jetzt müssen wir nicht mehr nach vorne zum Halsen! Am Nachmittag sehen wir ganz kurz irgendwelche Teile von irgendwelchen Walen! Mega nahe, aber wirklich leider zu kurz um etwas klares ausmachen zu können. Trotzdem cool 😉 Am Abend gibt es Bratkartoffeln mit Gemüse und Spiegelei.
Etmal:138sm
Tag 14
In der Nacht haben wir immer wieder Squalls. Am Ende meiner Schicht bin ich gerade unten, um den Radar zu checken, da ertönt plötzlich ein lauter Knall aus dem hinteren Teil des Schiffs. Ich renne hoch und merke bereits, wie das Schiff anluvt. Ein Blick in die Backskiste bestätigt, was wir vermuten: Der Bolzen des Autopilots ist gebrochen. Das kennen wir, darauf sind wir vorbereitet. Trotzdem nervig in der Nacht bei 25kn Wind. Wulfi steuert (in Unterhose 🤣), Thierry koordiniert und ich tausche den Bolzen aus. 40 Minuten später ist alles wieder "normal".
Die Nacht ist anstrengend mit viel Wind und hohen Wellen. Wir fahren wieder nur mit gerefftem Gross. Wir halten nun auch Tagsüber die Wachzeiten ein, da die Bedingungen anstrengend sind und wir alle schlecht schlafen. Gegen Abend nehmen wir dann das Gross ein und fahren mit ausgebaumter Genua, damit wir einen besseren Winkel haben. Das Boot ist mit einem Segel sehr instabil und wir rollen ziemlich hin und her. Zum Abendessen gibt es Gemüsecurry.
Ich will hier mal sagen, diese Tage sind echt nicht witzig, zumindest für mich. Ich habe jeden Tag Angst, diese Wellen sind schon sehr scary und das Boot wird rumgeschubst und ich mag das überhaupt nicht. Aber was will man tun, jedem Tag eine neue Chance geben, tief atmen und weiter gehts. Der Teamspirit ist grandios und obwohl wir alle erschöpft sind weil wir seit 3 Nächten nicht vernünftig geschlafen haben, sind wir guten Mutes. Noch drei Tage, das wird schon!
Etmal: 154sm
Tag 15
Nachts beruhigt sich der Wind etwas, die Böen werden weniger ausgeprägt und alles wirkt ein wenig konstanter. Am Ende meiner Schicht kommt dann eine fiese Welle von hinten ins Cockpit und macht mich nass. Fies. Thierry kommt raus und löst mich ab. Wir kreuzen einen 1000 Fuss langen Tanker auf 3sm Entfernung, mega krass.
Am Morgen versucht Marti ihr Fisch Glück, leider meint ein Vogel den Köder fressen zu müssen und verfängt sich im Haken. Wulfi zieht den Haken aus dem Flügel und der kleine fliegt davon, wir hoffen er ist einigermassen gesund. Der Tag verläuft etwas entspannter, es scheint, dass das schlechte Wetter vorbei ist und unsere Batterien laden endlich wieder vernünftig. Am Nachmittag sehen wir Delfine, danach surrt die Angelrute! Was ist das denn?! Ein riesen Barracuda, den wollen wir nicht essen und geben ihn Poseidon zurück.
Am späten Nachmittag knacken wir die 2000sm Marke, stossen an, und die Rute surrt wieder! Diesmal ist es ein Mahi Mahi, den ich mit Marti einhole und zum ersten Mal selber ausnehme. Widerlicher Fact: da war ein Fisch im Fisch 🤮 Zum Abendessen gibt es Chilli sin Carne.
Etmal: 134sm
Tag 16
Die Nacht ist einmal mehr super unbequem und wir alle schlafen schlecht. Ein neues Geräusch hat angefangen, entweder ist die Schiffsstruktur oder das Ruder, irgendetwas knackt im Cockpit. Das macht uns halb wahnsinnig 🥴 Wir haben etwas mühe unseren Kurs zu halten, da die Wellen uns ziemlich herum schieben. Am Vormittag nehmen wir beide Segel auf Backbord und so sind wir gefühlt etwas stabiler. Die Wellen sind immernoch kräftig, ein paar kommen ins Cockpit und kühlen uns ab. Ein Babysquid wird mit reingschwemmt.
Zu Mittag gibt es Linsensalat mit Hallumi von Marti. Der Mahi Mahi hatte zwei Wurmartige Dinger auf der Haut und wir sind nicht sicher, was das ist. Mal beobachten. Am Nachmittag ist es dann soweit: Land in Sicht, wir sehen Barbados! Zwar nur knapp, da die Weitsicht eher schlecht ist. Das ist er, der Startschuss für den Entspurt! Noch eine Nacht 🥳 Let's do thisssss!
Etmal: 129sm
Tag 17
Es ist soweit, heute ist der Tag, an dem wir ankommen! Thierry hat mir in meiner Nachtschicht Gesellschaft geleistet, da ich nicht ganz wohl war. Am morgen übernehme ich dann seine Schicht, backe noch ein Brot und geniesse den Ausblick: Saint Vincent ist klar und deutlich erkennbar. Wohooooo, wir haben es fast geschafft!
So fiebern wir die letzten Meilen unserem Ziel entgegen. Um 11:30 Uhr Ortszeit droppen wir den Anker in Port Elizabeth in Bequia. Wir sind überglücklich, hier zu sein! Fassen wir zusammen:
17 Tage, 2238sm, 5 Fische gefangen, ca. 50 fliegende Fische an Bord, zwei Vögel, 2x Delphine, 1x Wale, nur (!) 2 Kaputte Dinge, und 4 gesunde Seeleute!
Es ist geschafft! Wir sind unglaublich stolz und dankbar, das alles so gut gelaufen ist. Die kleinen und grossen Ängste sind bald vergessen, was bleibt ist ein Gefühl von Stärke und die Vorfreude, auf karibische Abenteuer. Auch auf die Cervino sind wir sehr stolz, sie hat einen super Job gemacht ❤⛵
Welcome to the Carribean!