Marquesas Im Auge des Tiki
Eine epische Ankunft, auf Wildschweinjagd mit den Locals, der Zauber der Marquesas und ein Überraschungs-Tsunami.
Land in Sicht!
Ich werde diesen Moment nie vergessen: Nach 31 Tagen auf dem Pazifischen Ozean erscheint eine Insel am Horizont. Die Sonne geht gerade auf und der Wind bläst uns noch immer mit über 20kn um die Ohren. Wolken hängen über den in orangenes Licht getauchten Gipfeln und der Wald leuchtet in einem feuchten, lebendigen grün. So lange Zeit waren unsere Tage nur blau in blau.
Die Bucht die wir ausgesucht haben, liegt im Schatten des höchsten Berges der Insel Tahuata. Hier liegt das Dorf Hapatoni, bekannt als das "freundlichste Dorf der Marquesas", wie wir erfahren haben. Der Anker fällt und der Sprung ins kühle Wasser lässt auch die letzten Zweifel verschwinden: wir sind angekommen.
! Achtung Achtung !
Dies ist eine wichtige Ankündigung:
Hiermit ernenne ich folgende Segelboote mit folgenden tapferen Crews:
SY Wishful Thinking
Mit Ryan und Emily
SY L'Egaloupio
Mit Krisztina und Bende
SV Tarpan
Mit Chris und Andrea
SY CERVINO
Mit David, Dan, Thierry und Mogli
offiziell zu alten Salzbuckeln, die den Pazifik aufs Auge geküsst haben (Shoutout zu Dings und Bums 😘). Wir lassen die Korken knallen!! 🥳🥳🥳


Wir gehen die ersten Schritte an Land. Die Schuhe lassen wir dafür im Dinghy liegen. Die Natur sprüht hier regelrecht vor Leben, überall wachsen Blumen und Früchte, alles ist grün und feucht. Die Locals spielen gerade auf dem Dorfplatz "Pétanque", auch bekannt als Boccia. Freundlich heissen sie uns willkommen, und sofort fühlen wir uns wohl und zu Hause. Praktisch alle Bewohner dieses Dorfes verdienen ihr Geld mit mit der Herstellung von Skulpturen. Aus Holz und Knochen fertigen sie mit einer wunderschönen Präzision Ohrringe, Messer, Ketten, und vieles mehr. Was immer wieder auftaucht, ist die "Tiki"-Figur.
Wer oder was ist "Tiki"?
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Wir laufen einen Hügel hinauf und werden von einem Mann mittleren Alters (etwa so alt wie Thierry 😆) angesprochen. "Venez, venez (kommt, kommt)! Mögt ihr Sternfrüchte? Nehmt so viele ihr wollt!", ruft er uns zu und so pflücke ich zum ersten Mal in meinem Leben Sternfrüchte vom Baum. Wie aus Selbstverständlichkeit lädt der Mann uns in sein Haus ein. Sein Name ist Tafeta, seine Frau heisst Mo'e. Auch er ist ein "Sculpteur", stolz zeigt er uns seine Kreationen. Einmal mehr ist die Tiki-Figur allgegenwärtig. Doch was genau ist ein Tiki? "Tiki ist kein Gott, aber auch kein Mensch", erklärt Tafeta. Den Legenden zufolge war Tiki das erste Wesen, das von Osten auf einem Floss kommend die Marquesas besiedelt hat. Er ist der Ursprung des Volkes, und sein Wesen verkörpert bis heute ein Symbol von Stärke und Schutz.
Wir verbringen wunderschöne Tage hier, fast jeden morgen besuchen Delphine die Bucht und wir können mit ihnen schnorcheln. Besonders Freude bereitet uns, dass wir all diese Erlebnisse noch immer mit unseren Freunden Dan & David und den anderen Crews teilen können. Zusammen schnorcheln wir mit einem etwa sechs Meter grossen Mantarochen und machen einen Tauchgang entlang der Felskante. Und dann ist da noch ein ganz besonderes Land-Abenteuer:
Es geht auf die Jagd!
Thierry, Dan & David und Andrea treffen sich eines Morgens früh um 4:00 Uhr mit Tafeta und seinen Hunden. Heute geht es auf die Jagd. Das Ziel: ein Wildschwein erlegen. Den ganzen Tag verbringen sie gemeinsam im Busch, rennen, kriechen und klettern durch das unwegsame Gelände. Gegen 5:00 Uhr abends hole ich sie am Steg ab und höre gespannt ihre Geschichte. Wildschwein hat es keins gegeben, dafür einen spannenden, anstrengenden aber einmaligen Tag und am Ende eine Ziege als Beute.
Am nächsten Tag sind wir alle, auch Kriszti und Bende, bei Tafeta und Mo'e zum Essen eingeladen. Sie haben die Ziege auf traditionelle Weise in Kokosmilch gegart, dazu gibt es Brotfrucht und Reis. Wir haben als Dank Zitronenkuchen zum Nachtisch mitgebracht. Es wird gegessen, getrunken, gesungen und getanzt. Erst als der Himmel schon schwarz und Tafetas Zunge etwas schwer ist, machen wir uns auf den Weg zurück auf unsere Boote. Selten haben wir eine solche Gastfreundschaft erlebt, von Leuten die wir so gut wie gar nicht kennen. Auch die anderen Bewohner des Dorfes waren ausgesprochen freundlich zu uns, haben uns mit Früchten überschüttet und uns stolz ihre Kunst gezeigt. Unser erster Vorgeschmack der Kultur und des Wesens der Menschen, die die Marquesas besiedeln.












Hiva Oa - Fatu Hiva - und zurück
Wie in jedem Land, in dem wir ankommen, müssen wir uns und das Boot bei den Behörden einklarieren. Zoll und Immigration, beides zu finden auf der Insel "Hiva Oa", die wir nach etwa drei Stunden segeln von Tahuata aus erreichen. Hier finden wir eine Annäherung von Stadt-Leben und freuen uns riesig über unseren ersten Restaurantbesuch: der Burger schmeckt köstlich, und es ist ein tolles Gefühl, wieder einmal in einer Wirtschaft zu sitzen. Durch die Abgeschiedenheit auf See geniessen wir solche Momente viel mehr als in unserem früheren Leben. Wir erledigen die Formalitäten, dann machen wir einen Abstecher in den kleinen Lebensmittelladen des Dorfes . DAS meine Freunde, ist auch ein schönes Erlebnis: noch nie habe ich mich so sehr über frischen Salat, Käse und Baguette gefreut. Mit einem Mietauto fahren wir einen Tag lang über die Insel und lassen uns von ihrer Vielfältigkeit verzaubern.










Hier kommt auch der Moment an dem unser Crewmitglied Dan uns verlässt. Er wird von hier aus nach Tahiti fliegen und dort seine Freundin treffen. Machs gut Bums, du treuer, ehrenwerter Matrose! Danke für die tolle Zeit mit dir bei uns auf der CERVINO. Und nach kurzen vier Tagen geht es für uns anderen zurück in den Süden, auf die ganz besondere Insel "Fatu Hiva".
Auf den Spuren von Thor Heyerdahl
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Wir ankern vor dem Dorf in Hanavave, umrandet von stolzen Bergen und Felsformationen, die stark an die "Moai" der Osterinseln erinnern. Das Tal bietet uns einen unglaublichen Anblick, wahrscheinlich ist das einer der schönsten Ankerplätze unserer Reise bisher. Zusammen mit unseren Freunden unternehmen wir eine geführte Inselrundfahrt. Augustine und ihr Mann, dessen Namen ich leider vergessen habe, erzählen uns viel über die Insel und ihre Geschichte. Auf einem Gipfelplateau halten wir an einem Schild an, neben dem ein Trampelpfad im Gebüsch verschwindet. "Diesen Pfad hat Thor Heyerdahl benutzt" erklärt uns Augustine. Er führt zu einem Ort im Norden der Insel, an dem früher ein Dorf lag. Hier lebte der Norwegische Forscher Thor Heyerdahl von 1937 bis 1938 mit seiner Frau Liv, um das Leben im Einklang mit der Natur zu erforschen.
Die Idee von Thor Heyerdahl und seiner Frau Liv war es, die Kultur der Ureinwohner zu studieren, ganz im Einklang mit der Natur. So lebten und lernten sie unter den wachsamen Augen der Einheimischen die Natur zu nutzen. Durch Übermittlungen der Ältesten begann Heyerdahl selbst an die Legenden zu glauben, dass die Marquesas nicht nur von Asien, sondern auch aus dem Osten, von Südamerika aus, besiedelt wurden.
Das Experiment musste nach einem Jahr leider beendet werden, da vor allem Krankheiten wie Malaria und fehlende medizinische Behandlung eine Weiterführung praktisch unmöglich gemacht hatten. Thor Heyerdahl wird 10 Jahre später eine Expedition durchführen, bei der er mit einem Floss aus Balsaholz von Peru aus nach Raroia segelt. Dazu aber mehr, wenn wir dort sind 😉







Im Dorf lernen wir Simon, seine Frau Sissi und ihren Sohn Alain kennen. Auch sie leben vom volkstümlichen Handwerk, der Skulpturenschnitzerei. Doch Simon zeigt uns noch etwas anderes: wunderschöne Ukuleles, gefertigt aus verschiedenen Hölzern und versehen mit wunderschönen Schnitzereien und Symbolen. Typisch für die Marquesische Ukulele sind die acht Saiten im Gegensatz zu den klassischen vier. Natürlich schlägt mein Musikerinnenherz dort höher und ich kaufe ihm eine ab. Zusammen mit den anderen Seglern in der Bucht verbringen einen Abend bei der Familie und lassen uns beckochen: "Four Marquisien", sozusagen ein Loch im Boden in dem stundenlang Körbe mit Fleisch, Brotfrucht und Ähnlichem auf Kohlen gegart und mit Bananenblättern und Erde luftdicht bedeckt werden. Dazu gibt es "Poisson Cru", eines der traditionellen Gerichte in ganz Französisch Polynesien: roher Tunfisch, natürlich nicht aus dem Kühlregal sondern fangfrisch, in Kokosmilch, natürlich nicht aus der Dose sondern selbst gemacht und frisch! Dazu etwas Zitrone, ein Knaller! 😍










Nach einer tollen Zeit gemeinsam müssen wir uns nun auch von den anderen zwei Segelbooten Tarpan und L'Egaloupio verabschieden. Auch unser zweites Crewmitglied Dings aka David verlässt uns hier. Schön ist allerdings zu wissen, das er in guten Händen weiterreist, denn er begleitet Krisztina und Bende in die Tuamotus. Danke David für alles, schön warst du dabei und bis zum nächsten Mal! 😘 Auch die anderen verabschieden wir mit einem weinenden Auge, denn auch in kurzer Zeit können tiefe Freundschaften entstehen. Schliesslich verbindet uns unsere Reise über den Pazifik.
Unser Aufenthalt in Fatu Hiva neigt sich dem Ende zu, denn so langsam ruft die Pfilcht. Unser Dieseltank ist immer noch verstopft und das wollen wir in Hiva Oa in Angriff nehmen. Bevor wir abreisen, dürfen wir aber noch Zeugen von traditionellen Tänzen und Gesängen werden, mit selbst gebastelten Kostümen aus Blättern und Blumen. Es ist klar spürbar, das diese Menschen noch immer eine tiefe Verbindung zur Natur pflegen und auch wir fühlen eine besondere Energie. Wir verlassen die Insel, erneut vollgepackt mit Papayas, Bananen und Mangos, die uns die grosszügigen Locals geschenkt haben.




Plötzliche Tsunamiwarnung
Vier Tage verbringen wir damit, unseren Dieseltank auszupumpen, zu reinigen und eine Inspektionsluke einzubauen. Das Werkzeug und fachmännische Unterstützung erhalten wir von unseren neu gewonnenen Freunden Martina und Peter. Nach viel stinkiger Dieselschweinerei sind wir sehr happy mit dem Resultat und unser Dicker schnurrt wieder wie ein Kätzchen.
Nun wollen wir den Süden verlassen und die drei nördlichen Inseln der Marquesas besuchen. Unser nächstre Halt soll "Ua Huka" heissen. Vorher halten wir aber noch in einer Bucht im Norden von Hiva Oa. Von hier aus sollte die Überfahrt innert 12h machbar sein, sodass wir bei Tageslicht dort ankommen können. Ankern im Dunkeln in einer Bucht, die man nicht kennt, ist immer etwas doof. Wir ankern also in dieser wunderschönen Bucht, Thierry macht einen Landspaziergang und ich lese. Plötzlich klingelt mein Telefon, es ist Thierry. "Kannst du mich abholen? Ein paar Locals haben mit Früchte geschenkt, die kann ich nicht alleine tragen". Der Klassiker. So fahre ich mit dem Dinghy an Land und wir spazieren gemeinsam zum Haus der neuen Bekannten. "Habt ihr schon vom Tsunami gehört?", ruft einer der Männer uns schon von Weitem zu.
Anscheinend hat es ein starkes Erdbeben der Nähe Alaskas gegeben, dessen Tsunamiwelle die Insel treffen soll. Wir denken kurz nach. Unsere erste Tsunamiwarnung haben wir in San Blas, Panama erhalten, daher ist der Schock nicht mehr ganz so gross. Auf einem Boot draussen im tiefen Wasser ist man ausserdem so ziemlich am sichersten in einer solchen Situation. Wir entscheiden uns also dazu, noch ein paar Stunden zu schlafen und dann, statt wie geplant morgen früh, schon heute über Nacht nach Ua Huka zu segeln. So verlassen wir den Ankerplatt gegen 10 Uhr nachts, gespannt darauf, was uns da draussen erwarten wird.








Was aus dem Tsunami geworden ist, was hinter den Tätowierungen der Marquesanern steckt und welche wilden Tiere uns beim Zelten auf dem Poumaka besuchen?
Das erfährst du bald!