Pazifiküberquerung Teil 2
Spass mit Histamin, winkende Seelöwen, Äquatorüberquerung und die härteste Prüfung von Poseidon persönlich.
31 Tage verbringen wir auf dem Pazifik, ohne einen Fuss an Land zu setzen. Vier Leute, 4150 Seemeilen, ein Schiff. All 24h (immer Mittags) haben wir die zurückgelegte Distanz (Etmal) in Seemeilen und die Durchschnittsgeschwindigkeit in Knoten notiert, sowie ein Crew-Foto des Tages aufgenommen. Komm mit auf unser Abenteuer!
Tag 8
Happy Birthday Bums! Knackige 26 Jahre alt wird der Gute, er darf (muss) heute den ganzen Tag den Geburtstags-Ponscho tragen. Am frühen Morgen bin ich alleine draussen und habe Wache, es hat viele Gewitterzellen rum und die Windstärke schwankt. Bei zu viel Wind kann man die Segelfläche verkleinern, das nennt man "reffen". Und das tue ich, ganz alleine, und fahre entspannt weiter. Früher hätte ich dafür Thierry geholt und wahrscheinlich eine kleine Krise geschoben. Allgemein ist hart am Wind segeln nicht mein Lieblingskurs. Aber heute stehe ich alleine am Steuer, ein leichter Regen nieselt mich an, und ich lächle. Keine Panik, kein Stress, keine Verkrampftheit, nur Stolz, Dankbarkeit und sogar ein Bisschen Spass kommen in mir hoch. Ein klassischer Ozean-Höhenflug, mal schauen wie lang er anhält 😉
Wir essen Brot, Spiegeleier und Speck zum Frühstück/Mittagessen. Unser Windmesser zickt ein Bisschen rum und zeigt eine falsche Richtung an. Zu ehren des grossen Bums backen wir Zitronenkuchen und bereiten ein leckeres Sushi-Sashimi-Segelfischdinner zu. Ein guter Tag geht zu Ende.
Etmal: 130 sm, Durchschnittsgeschwindigkeit: 5.4 kn




Tag 9
Die Nacht und der Morgen verlaufen ohne besondere Ereignisse. Wir haben immer noch Wind und Strömung gegen uns und den südlichen Kurs zu halten fällt uns schwer. Mittags fahren wir in einen grossen Squall rein, der viel Wind und eine gratis Dusche. Wir essen Pasta mit Pesto und hören unsere Assi-Piraten-Playlist. Ich mache mir ein Bisschen Sorgen um unseren Energieverbrauch: seit Tagen scheint kaum die Sonne und der Tiefkühler mit dem Segelfisch zieht ganz schön viel Strom.... Ansonsten haben wir einen super Segeltag, wir sind schnell und die Wellen sind viel kleiner geworden. Am Abend haben wir Bock auf Kolumbien und kochen Arepas, Patacones, Gemüse und gebratenen Fisch. In einem epischen Sonnenuntergang lassen wir es uns schmecken und geniessen den farbigen Himmel. Leider kippt die Stimmung ganz schnell nach dem Essen, als ich merke wie in meinem Körper irgendwas vorgeht. "Ich glaube ich habe eine allergische Reaktion" sage ich noch zu Thierry, während ich einen stechenden Kopfschmerz bekomme und merke, wie mein Oberkörper rot anläuft und heiss ist. Ich lege mich hin, die Beine hochgelagert. Mein Herz beginnt zu rasen und ich habe Schüttelfrost. Thierry hat mittlerweile Laura erreicht, unsere Kontaktfrau für medizinische Notfälle (Shoutout zu Laura, danke für deine Unterstützung! 💗). Sie bestätigt, dass es nach einer Allergischen Reaktion klingt und empfiehlt, das ich ein Antihistaminikum nehme. Das tue ich, und auch der Epipen liegt bereit, den wir hoffentlich nicht brauchen. Plötzlich klagen auch die Jungs über Kopfschmerzen und einen heissen Kopf, bei Thierry ist (noch) alles ok. Was ist hier los? Genau wissen können wir das nicht, aber wir vermuten, unser Tiefkühler hat uns einen streich gespielt: Wahrscheinlich hat er zwischendurch mal entfroren und dann wieder gefroren, was der Fisch natürlich nicht mag und sehr viel Histamin produziert. Das haben wir wohl nicht vertragen. Ich lege mich ins Bett, der Kopf ist nun nicht mehr so heiss, aber dafür die Arme und der Rücken. Irgendwann fallen meine Augen zu.
Etmal: 143 sm, Durchschnittsgeschwindigkeit: 6.0 kn

Tag 10
Mitten in der Nacht weckt mich Dan, irgendwas mit dem Autopilot scheint nicht in Ordnung zu sein. Ich krieche aus dem Bett, fühle mich besser aber noch weit weg von gut. Draussen finde ich einen im Cockpit liegenden Thierry, er hat sich kurz vorher übergeben müssen. Dan steht am Steuer. Der Bolzen des Autopiloten ist rausgefallen. Das Problem kennen wir, somit sind wir vorbereitet und ich krieche ins Heck des Schiffs um ihn auszutauschen. Zum Glück hat es kaum Wellen und wenig Wind. Das Problem ist bald gelöst und Ich verkrieche mich wieder ins Bett. Thierry fühlt sich ein Bisschen besser, schläft aber weiter draussen. Die Jungs scheinen so weit okay zu sein.
Es wird Hell und ich löse David bei der Wache ab. Wir alle gammeln den ganzen Tag rum, haben wie eine Art Kater aber ansonsten fühlen wir uns okay. War schon sehr beängstigend der ganze Spuk und für einen kurzen Moment dachte ich wirklich, das war's, ich habe mich vergiftet und sterbe auf dem Pazifik. Sehr beruhigend war aber das Wissen, das wir in einem Tag Galapagos erreichen würden und somit nicht ganz auf uns allein gestellt waren. Wir haben kaum Wind und machen einen kurzen Badestopp, das Wasser ist kälter geworden, das tut uns allen gut. Abends essen wir Spaghetti Bolo und gehen früh schlafen.
Etmal: 108 sm, Durchschnittsgeschwindigkeit: 4.5 kn

Tag 11
Wir müssen leider die ganze Nacht motoren weil der Wind zu schwach ist. Immerhin können wir so unsere Batterien ein Bisschen laden. Am Vormittag kommt dann die lang ersehnte Brise und der Motor verstummt. Wir segeln, der Himmel ist zum ersten Mal seit einer Woche woklenlos, die Luft ist spürbar kühler geworden. Heute ist ein guter Tag! Wir können eine der Galapagos Inseln am Horizont sehen und 3 Seelöwen schwimmen am Boot vorbei und winken. Mittags essen wir Wraps mit Soja, Reis und Gemüse und dann ist es soweit: Um 14:25 Uhr Bordzeit überquert die Cervino mit ihrer Crew den Äquator! Das wird mit einem Rum gefeiert. Plötzlich blitzt und donnert es trotz blauem Himmel, denn Poseidon persönlich ist gekommen, um die tapfere Besatzung der Äquatorprüfung zu unterziehen. Wir werden geprüft, gestraft und belohnt. Einige müssen ihren Schnauzer entfernen 👶 andere dürfen sich nun 3 Monate überhaupt nicht mehr rasieren 🧔 und wieder andere werden mit Fett beschmiert. Für besondere "Windschlüpfrigkeit" beschenkt Poseidon die Crew mit Speedy-Speedos und verpasst uns allen eine Südhalbkugel-Kübeldusche. Was für ein cooler Nachmittag. Vor lauter Äquator-Spass haben wir ganz vergessen zu segeln, denn unsere Segel hängen wir ein alter Lappen im Wind. Wir korrigieren das und sind auch gleich 1.5 kn schneller.... 😆 Jänu, war lustig. Wir essen die Reste vom Mittag zum zNacht und ab gehts in die Kojen.
Etmal: 108 sm, Durchschnittsgeschwindigkeit: 4.5 kn



Tag 12
Die Nacht ist sternenklar, wir segeln schnell und das Boot ist so stabil, dass alle gut schlafen. Dings & Bums haben in der Nacht allein gerefft, wir haben sie dabei belauscht und sind stolz auf unsere beiden Seebärchen 😉 Seit unserem Histaminspass haben wir nichts fischähnliches mehr essen wollen, die Reste des Segelfisches haben wir, so schade es ist, über Bord geworfen. Keiner von uns hatte mehr Lust, davon zu essen. Jetzt sind wir aber wieder ready für Geschenke des Ozeans und freuen uns, dass 5 kleine Kalamari in der Nacht auf unser Vordeck gehüpft sind. Diese werden eingesammelt, geputzt und in die Pfanne gehauen, und in einem Avocado-Gurkensalat verspiesen. Dazu gibt es zweierlei Gnocchi: ein mal mit Speck-Rahmsauce und ein mal mit Salbeibutter. Lecker! Der Tag ist super schön und gemütlich, wir lesen viel und geniessen die tollen Segelbedingungen. Abends essen wir Asia Noodles mit Soja Chunks und Gemüse.
Etmal: 144, Durchschnittsgeschwindigkeit: 6.0 kn




Tag 13
Wieder haben wir eine super entspannte Nacht, nur eine Wolke hat uns etwa eine Stunde lang den Wind geklaut. Ansonsten alles wunderbar. Ich starte meinen 1. Versuch, Joghurt zu machen. Mal schauen, wie das wird. Zu Mittag essen wir Reste von gestern Abend. Auch heute verbringen wir einen traumhaften Segeltag mit tollen Bedingungen, wir schlafen und lesen und schauen den Wellen zu. Am Abend zeigt sich ein wunderschöner Abendhimmel mit allen Farben. Thierry kocht Limettenrisotto mit Mango-Linsen-Topping und es schmeckt super. Zufrieden gleiten wir in die Nacht.
Etmal: 132 sm, Durchschnittsgeschwindigkeit: 5.5 kn


Tag 14
Wir starten den Tag mit einer Kübeldusche. Danach gibt es ein leckeres Frühstück mit Brot, Speck und Spiegelei. Mein Joghurt ist mehr ein Joghurt-Drink geworden, den wir mit Papaya anrichten. Wir essen, quatschen und geniessen das Segeln. Der Wind kommt mittlerweile mehr und mehr von hinten, das bedeutet wir holen unser Downwindsegel "Simi" raus. Fliiiiiiiiieg Simi, fliiiiiieg! Die Temperaturen sind immer noch angenehm kühl. Zu Mittag macht David einen Couscoussalat. Ich habe leider ein Bisschen Stirn- und Nebenhöhlen Probleme und meine Ohren pfeifen. Hoffentlich geht das bald weg. Abends gibt es Linguine mit Pilzrahmsauce. Es ist keine Wolke am Himmel zu sehen, somit lassen wir Simi stehen und fahren in die Nacht.
Etmal: 140 sm, Durchschnittsgeschwindigkeit: 5.8 kn




Rückblick Woche 2
Zurückgelegte Seemeilen: 914 (Total: 1'686)
Davon mit Motor: 21h (Total: 81h, 24%)
Durchschnittsgeschwindigkeit: 5.4 kn
Wie wir die pazifische Schnellstrasse reiten und was mit dem Fisch an unserer Angel passiert?
Mehr dazu nächste Woche!